Autonome Fahrzeuge, ihre Probleme und andere Aspekte

 

Autor: Philipp Schaumann - Letzte Aktualisierungen Jan. 2023.

 

Wenn über autonome Fahrzeuge geschrieben wird, so werden dabei von den "Experten" sehr oft schnelle einfache Antworten angeboten, z.B. "autonome Fahrzeuge werden die Verkehrsbelastung auf unseren Straßen deutlich senken". Andere "Experten" kommen hingegen zu dem Schluss "autonome Fahrzeuge werden die Verkehrsbelastung auf unseren Straßen deutlich erhöhen". Was stimmt jetzt? Niemand weiß es derzeit.

Als erstes müssen wir klären, was genau wir unter "autonomen fahren" verstehen. Die Industrieorganisation SAE hat sich auf 5 Level geeinigt.

 

CASE (connected autonomous shared electric)

Eines der Probleme die viele der "Experten" ignorieren (damit sie zu einfachen Antworten kommen, die oft auch noch ins politische Konzept passen) ist, dass wir es mit mindestens 4 nur sehr locker gekoppelten Fragestellungen zu tun haben. (CASE als Schlagwort dafür wurde von Daimler erfunden)

Dies sind die Vernetzung, die Autonomie der Fahrzeuge, Sharen versus Besitz der Fahrzeuge und die Antriebsart, ob elektrisch oder konventionell. Alle diese Themen werden derzeit ziemlich durcheinder vermischt. Da lesen wir z.B. dass die autonomen Fahrzeuge mit der Infrastruktur kommunizieren und die Benutzer damit transparent werden - dies ist aber nur einer der 4 (bzw. 5) Aspekte.

Die Themen sind im Detail:

  • Autonome Fahrzeuge und ihre Auswirkungen auf die Mobilität der Menschen, die Verkehrssituationen, Emissionen und Umwelt.
  • Die Frage, ob solche Fahrzeuge den Anteil der Fahrzeuge verändern, die in persönlichem Privatbesitz sind (Stichwort Car Sharing)
  • Die Vernetzung von Fahrzeugen untereinander und mit der Straßeninfrastruktur und die dafür nötigen gigantischen Infrastrukturmaßnahmen
  • Damit verknüpfen viele Autoren auch die Vernetzung aller Fahrzeuge mit dem Internet, Stichworte wie Blackbox im Fahrzeug und das paneuropäische Unfallmeldesystem eCall (das aber in der Minimalimplementierung nicht ins Internet verbindet, sondern eine Handyverbindung nutzt. Dabei geht es auch um Begehrlichkeiten von Versicherungen, Autoherstellern und Politikern in Richtung transparente Autofahrer und Bürger (mehr dazu unter Überlegungen zu Fahrzeug-Versicherungen mit Telematik)
  • Letzter Aspekt ist die Umstellung der Fahrzeuge auf Elektroantrieb und die damit verbundenen riesigen Änderungen an der Energieversorgungsinfrastruktur

Diese 5 Faktoren sind eigentlich unabhängig voneinander. Sie können entweder alle gemeinsam auftreten oder einzeln oder aber in unterschiedlichen Konstellationen. Da es für jeden der Faktoren unabhängige Antriebsfedern gibt, ist es wahrscheinlich, dass sie sich erst mal parallel und mehr oder weniger unabhängig voneinander entwickeln. Sie werden aber natürlich trotzdem untereinander wechselwirken und jede von ihnen wird das Verkehrsverhalten der Menschen beeinflussen.

Für einige der Faktoren gibt es starken politischen Druck, z.B. bei der Umstellung auf Elektroantrieb. Auch das Verbinden aller Fahrzeuge mit dem Internet wird unabhängig von den anderen Faktoren ja von unterschiedlichen Interessengruppen schon einige Jahre weitergetrieben und hat mit dem autonomen Fahren keinen zwingenden Zusammenhang.

Andere Faktoren sind eher industrie-getrieben - so würde z.B. die Umstellung auf eine "intelligent kommunizierende" Straßeninfrastruktur die Implementierung der Autonomie deutlich vereinfachen, aber auch gigantische Investitionen erfordern, an denen die Industrie natürlich sehr interessiert ist. Alle Ampeln und Verkehrsschilder könnten ihre "Botschaft" senden. Oder alle Fahrbahnen könnten auf der Fahrbahnmitte eine elektronische Markierung haben die das Spurhalten deutlich vereinfachen würde.

Die Auswirkungen der autonomen Fahrzeuge auf die Gesellschaft hängen stark davon ab, ob alle diese möglichen Faktoren von CASE alle implementiert werden. Der 2017 Artikel in der NYT When 100% of Cars Are Autonomous zeigt z.B. verblüffende (mögliche) Auswirkungen auf, aber vermischt auch die Themen miteinander. Da ist z.B. der letzte Abschnitt The End of Roadkill der aufzeigt, dass in dem Augenblick in dem die Autos keine Tiere mehr überfahren, das ökologische Gleichgewicht deutlich durcheinander kommen könnte.

Im Rest des Textes gibt es mehr zu den einzelnen Fragestellungen.

 

 

Nach oben

 

Sind autonome Fahrzeuge eigentlich "grüner"?

Es wird zwar oft behauptet, dass durch die auotonomen Fahrzeuge, wenn sie denn elektrisch angetrieben werden, der Autoverkehr ökologischer werden würde. Da spricht aber einiges dagegen. Hier nur einige problematische Punkte:

  • Weitere Zersiedlung des Umlands, weil das Pendeln nicht mehr als verlorene Zeit betrachtet wird
  • Es könnte mehr Individualverkehr geben weil mit autonomen Fahrzeugen auch Alte, Behinderte, Betrunkene, (Schul-)Kinder von öffentlichen Verkehrsmitteln oder Fahrrädern auf Individualverkehr umsteigen können
  • Carsharing mit autonomen Fahrzeugen/autonomen Taxis könnte zwar die Zahl der Autos reduzieren, aber der Individualverkehr wird durch autonome Taxis vermutlich preiswert genug um den öffentliche Massenverkehr weiter abzuwerten (siehe Beispiele weiter unten als Uber-Effekt). Durch die geringere Auslastung werden die Intervalle länger, die Fahrpreise höher und der öffentliche Vekehr unattraktiver
  • Fahrzeuge fahren dann evt. in der Innenstadt (wenn dort aus verkehrspolitischen Gründen die Parkplätze reduziert sind), einfach bis zur Rückfahrt langsam im Kreis herum - die effektive Auslastung der Straßen könnte noch schlechter werden (jetzt ist bereits ein großer Teil des Innenstadtverkehrs die Parkplatzsuche)
  • der Gesamtresourcenverbrauch erhöht sich gegenüber einem öffentlichen Massenverkehr (der sich jedoch verbilligen könnte wenn die öffentlichen Busse autonom unterwegs wären)

 

Der Uber-Effekt auf die öffentlichen Verkehrsangebote
Einige negative Effekte zeigen sich bereits 2017 bei einer Analyse der Auswirkungen von Uber. Uber wird nachgesagt, dass sie bei ihren Taxi-Diensten bereit sind die Fahrten unter dem Selbstkostenpreis anzubieten und wenn die anderen Anbieter vom Markt sind, die Preise wieder anzuheben. Wie eine 2017 Studie des Institute of Transportation Studies at the University of California Disruptive Transportation: The Adoption, Utilization, and Impacts of Ride-Hailing in the United States zeigt, hat dies in mehreren Städten zu einem Anstieg der Zahl der Fahrten und der gefahrenen Meilen geführt.

Diese und andere Studien zeigen, dass in den USA ca. 60% der Uber-Nutzer vom öffentlichen Verkehr zu Uber wechseln. Grund ist, dass die Uberpreise nicht so viel teurer sind als der öffentliche Verkehr. Ergebnis ist, dass mehr Fahrzeuge unterwegs sind, d.h. mehr CO2, mehr Staus in den Großstädten wie New York. Und ein Ergebnis ist, dass die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs in allen größeren Städten der USA jetzt rückläufig ist, siehe The Ride-Hailing Effect: More Cars, More Trips, More Miles (was wohl zu einer Reduktion der Einnahmen und dann zu einer Reduktion der Angebots führen wird). Ein anderer Artikel 2018 Carsharing verstopft die Straßen verlinkt auf Studien in Boston und San Francisco, die zeigen, dass Uber und Lyft die Zielgruppe öffenerlicher Personennahverkehr (ÖPNV) anzapfen und zu mehr Stau in den Innenstädten führt. Neue Tendenzen wie mehr als 1 Person im Taxi reduzieren den Preis weiter und erhöhen damit die Attraktivität gegenüber dem ÖPNV.

Dabei hat Uber sein eigentliches Ziel noch nicht mal erreicht, nämlich eine weitere drastische Reduktion des Preises durch Abschaffung der Fahrer. Das ist der Grund, warum Uber so agressiv mit unsicheren autonomen Fahrzeugen in den Stadtverkehr geht. Das heißt, dass derzeit niemand kann wirklich sagen kann, wie sich die Umstellung auf autonome Fahrzeuge bei der CO2-Bilanz auswirken wird. An einer zu optimistischen Prognose sind aber Zweifel angebracht. Washingten berichtet bereits 2018 von einer ernsthaften Bedrohung für die Wirtschaftlichkeit seines öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) durch Uber. Durch ungeschickte Preispolitik beim ÖPNV ist Uber durch die Selbstausbeutung seiner Fahrer oft nur unwesentlich teurer. Und die Fahrer sind genau das, was ersetzt werden soll.

Eine US-Studie hat 2017 die Entwicklung des Stadtverkehrs in Boston auf der Basis von elektrischen autonomen Taxis simuliert (hier die Studie, bzw. eine Vorstudie). Das Ergebnis der Simulation für die Innenstadt war, dass zwar weniger Autos im Einsatz waren, aber mehr Verkehr entstand, denn die Taxis waren kontinuierlich unterwegs und haben den öffentlichen Nahverkehr kannibalisiert. D.h. mehr Staus, die durchschnittliche Fahrzeit war 5% höher. In den Randbezirken wurden hauptsächlich Fahrten mit dem eigenen PKW ersetzt um auf diese Weise die Parkplatzsuche zu vermeiden.

Die Studie aus 2018 Autonomous vehicles and the future of urban tourism analysiert die erwartbaren Auswirkungen autonomer Fahrzeuge und beschäftigt sich mit sehr viel mehr Aspekten als nur dem Tourismus. Es wird aufgezeigt, das wir derzeit noch keine Möglichkeiten haben, die Auswirkungen von autonomen Fahrzeugen, entweder im Privatbesitz oder im Sharing-Modus, irgendwie zu verstehen. Die Forscher zeigen auf, dass abhängig von wirtschaftlichen Faktoren oder politischen Entscheidungen, verbunden mit technischen Notwendigkeiten wie z.B. dem Parken zwischen Einsätzen und dem Laden/Tanken und der Pflege sich sehr weitgehend differierende Ergebnisse ergeben können.

2019 ein gutes Gespräch mit Professorin Sabine Köszegi vom Vorsitzende des Österreichischen Rats für KI und Robotik über die Chancen und Gefahren von Robotern und KI (Podcast 45 Min). Es geht um sehr unterschiedliche Formen von KI, von autonomen Fahrzeugen bis zu allgemeinen Assistenzsystemen. Sie geht z.B. davon aus, dass der Einsatz von autonomen Fahrzeugen außerhalb von abgegrenzten, "geschützten" Umgebungen noch in sehr weiter Ferne ist. Sie geht dabei auch auf Szenarien wie das Trolley Problem und andere ethische Entscheidungen durch autonome Systeme ein (die ich an anderer Stelle betrachte).

In den folgenden Kapiteln sollen viele der Fragestellungen rund um neue Fahrzeugtechnologien tiefer untersucht werden, die Ökobilanz ist nur ein Aspekt davon.

 

 

Nach oben

 

Sind autonome Fahrzeuge eigentlich sicher(er)? - Theorie und Praxis

 

Die Theorie

März 2018, nach dem tödlichen Unfall in Tempe, Arizona, wird viel über die Sicherheit von autonomen Fahrzeugen geschrieben. Die gibt es die einen, die sagen, dass man aus 1 Unfall keine Statistik machen kann (und dass autonome Fahrzeuge hunderttausend Menschenleben retten könnten), aber es gibt noch mehr Daten als diesen einen Unfall.

Erst mal grundsätzlich: Rein theoretisch ist es für mich klar, dass autonome Fahrzeuge irgendwann mal deutlich sicherer fahren können als wir Menschen das tun. Der Grund liegt darin, dass wir als Menschen nur sehr begrenzte Information einer Situation, z.B. einer Kreuzung verarbeiten können. Wir scannen mit dem Blick kurz (sehr kurz) was sich da darstellt und versuchen dann, die Intentionen der anderen Verkehrsteilnehmer einzuschätzen. Das ist sehr schwer, weil wir ja einen Winkel von bis über 90 Grad in Fahrtrichtung abdecken müssen.

Die Darstellung rechts von Google zeigt, was solche ein Fahrzeug sieht (sofern aus ausreichend Sensoren eingebaut hat). Das nenne ich Überblick! Und zu jedem Objekt "weiß" der Rechner im Fahrzeug nicht nur den Ort, sondern auch die Geschwindigkeit und die Beschleunigung. D.h. der Rechner weiß, ob ein anderes Objekt beschleunigt oder abbremst. D.h. der Rechner "kennt" sogar so etwas wie die Intention des anderen Fahrzeugs und kann das kontinuierlich überwachen. Das ist deutlich mehr als ein Mensch ja über die Situation lernen kann.

Soweit die Theorie. Diese Theorie setzt voraus, dass das Fahrzeug genügend teure Sensoren eingebaut hat um diesen Überblick bei jedem Wetter zu bekommen. Theroretisch ist das möglich. Es werden heute eingesetzt: Mehrere Kameras (optimalerweise auf dem Dach), die optisch einen möglichst großen Bereich abdecken können. Die funktionieren aber nur bei guter Sicht. Aber für die Dunkelheit gibt es Radar und Lidar (Laserscanner). Bei Lidar haben wir einen rotierenden Laserstrahl, der die Reflektionen von Objekten misst. Der arbeitet natürlich bei Nacht extra gut, weil ihn da keine Sonnenreflektionen ablenken. Und das gute alte Radar kann metallische Objekte bei jedem Wetter erkennen.

Diese Geräte sollten (auch) auf dem Dach angebracht werden damit sie möglichst weit blicken können. Deutsche Hersteller vermeiden das, weil das angeblich die Silhouette stört. Aber so sollten nicht nur auf dem Dach sein. Ein Grund für den Uber-Unfall mag gewesen sein, dass Uber von Ford auf Volvo umgestellt hatte. Ford Fusion hat 7 Lidar Geräte, 7 Radar und 20 Kameras. Das Unfallfahrzeug Volvo XC90 hat 1 Lidar (auf dem Dach des recht hohen SUVs), 10 Radar und 7 Kameras. Eine Theorie zum Unfall besagt, dass das Radar im Frontbereich das Fahrrad nicht erkannt hat und das 1 Lidar auf dem Dach zu weit nach vorn schaut. D.h. Fußgänger vor dem Fahrzeug werden schlecht gesehen, denn Lidar haben ein geringes vertikales Sichtfeld. Waymo benutzt übrigens 6 Lidar und Cruise von GM 5.

Der nächste Problempunkt ist, dass diese Geräte wie Radar, Lidar und gute Kameras (noch) sehr teuer sind. Eine volle, redundante Ausstattung kann schnell noch mal so viel kosten wie das Fahrzeug selbst. Dabei zeigen Umfragen, dass die potentiellen Käufer von autonomen Fahrzeugen zwar mehrheitlich nicht gerade begeistert sind, aber die die sich das vorstellen können, wollen sicher keinen solchen Aufpreis zahlen. Also wird an den Sensoren gespart (nach dem was ich höre, sind in den billigeren Teslas, die irgendwann angeblich auch autonom sein sollen, nur sehr wenige Sensoren verbaut, sicher nicht redundant).

Eine Illustration dieser Problematik zeigt der Artikel Warum Teslas Autopilot immer wieder "versagt". Tesla ist natürlich kein autonomes Fahrzeug, aber die Probleme des Autopilots demonstrieren einige grundlegende Probleme. Selbst Tesla warnt davor, dass die "Cruise Control" manchmal überfordert sei wenn das Fahrzeug einem anderen Fahrzeug nachfährt, das erste Fahrzeug dann aber ausschert um einen stationären Hinderniss auszuweichen (der im Standard verlinkte Wired-Artikel zitiert das Manual). Teslas sind in 2018 bereits 2x auf große rote Feuerwehrautos aufgefahren. Grund ist wohl, dass nur Radar plus Kameras eingesetzt werden, kein Lidar. Das Radarsystem hat ein Problem mit stationären Objekten die oft mit Verkehrstafeln und Schildern verwechselt werden. D.h. es ist fraglich, ob eine so kostengünstige Implementierung der Sensoren wie die jetzigen Teslas je für autonomes Fahren ausreichen wird.

Der nächste Punkt ist die Redundanz bei allen IT-Komponenenten. Auch die fallen manchmal aus, oder "spinnen". D.h. auch da muss zusätzlich investiert werden, dies macht diese Fahrzeuge potentiell sehr teuer falls sie sehr sicher sein sollen. Cruise AV von General Motors hat daher 5 Laserscanner (Lidar), 16 Kameras und 21 Radare, dazu doppelt ausgelegt Computer, Lenkung und Bremsen.

Der letzte Punkt hier ist die Programmierung. Denn was die Sensoren "sehen" ist erst mal uninteressant, wenn die Rechner im Fahrzeug das nicht "verstehen", was dort passiert. Und da gibt es große Qualitätsunterschiede, sehr oft bedingt durch die Länge der Zeit, die an den Algorithmen gearbeitet wurde.

Die Latte liegt, was menschliche Fahrsicherheit betrifft, mittlerweile ziemlich hoch. Die Zahl der Verkehrstoten ist in den letzten 60 Jahren deutlich gesunken. Da spielen z.B. Faktoren wie Sicherheitsgurte, ABS, Knautschzonen in den Fahrzeugen und ähnliche Faktoren eine Rolle. In den USA gab es 2015 7,1 Tote durch pro Milliarde km (die Werte in Europa liegen noch niedriger: Schweden 3,5, Deutschland 4,9 und Österreich 5,8). Dies müssen die autonomen Fahrzeuge erst mal schaffen und zwar bei jedem Wetter (derzeit fahren die meisten der Testfahrzeuge nur bei gutem Wetter und auf Straßen ohne Baustellen oder andere überaschende Hindernisse).

Die Praxis - 3 tödliche Unfälle

März 2018 gab es 3 tödliche Unfälle von Fahrzeugen im autonomen Modus: 2 Unfälle mit Tesla-Fahrzeugen und einer bei Uber. Die beiden Tesla-Unfälle sind aber beide eigentlich Unfälle von Fahrassistenzsystemen. Bei beiden Tesla Fällen hat der Fahrassistent (unglücklicherweise Autopilot genannt) die Fahrer ausdrücklich aufgefordert das Lenkrad zu übernehmen und die Fahrer haben es nicht getan. Der Uber-Unfall war anders, es gab keine Aufforderung dazu.

Hier einige Hintergründe zum Uber-Unfall wie sie März 2018 nachzulesen sind: Uber's Self-Driving Cars Were Struggling Before Arizona Crash:

  • Google, die nun ca. 1 Jahrzehnt Erfahrung haben, testet hauptsächlich in Kalifornien und muss detaillierte Statistiken über alle Unfälle, auch leichte Blechschäden, veröffentlichen und über die Fälle, bei denen ein Mensch in die Steuerung eingegriffen hat. Google kommt Ende 2017 auf 1 Eingriff pro 5600 Meilen.
  • Cruise, eine GM Tochter, berichtet an die Regulatoren in Kalifornien dass sie alle 1200 Meilen eingreifen müssen.
  • Uber vermeidet das Testen in Kalifornien und bevorzugt Arizona, weil dort nichts berichtet werden muss. Insider sagen, dass ein Uber-"Fahrer" alle 13 Meilen eingreifen muss.

Der Chefentwickler von Uber, der früher bei Waymo/Google war, war dort dafür bekannt, dass er die (aus seiner Sicht) unnötige Vorsicht seiner Chefs kritisierte. Er ist kein Freund von Redundanz - Zitat: Anthony Levandowski, ex-VP of engineering at Uber wrote that "the team is not moving fast enough due to a combination of risk aversion and lack of urgency." Waymo und Cruise (GM) haben redundante Computer, Steuerung, Bremsen und Stromversorgung. Das ist teuer und wird wohl eine Markthürde werden.

Uber hat es sehr eilig. Die Firma hat bei Volvo für Ende 2018 24000 Fahrzeuge bestellt, mit denen sie dann in Realbetrieb mit zahlenden Kunden gehen wollen. D.h. auf den Entwicklern und den Testfahrern von Uber lastet ein extremer Druck, in 2018 den Vorsprung von Google in 1 Jahr einzuholen.

Uber scheint die gleiche Agressivität die sich in allen Bereichen zeigen, auch bei den autonomen Taxis zu zeigen: A Lawsuit Against Uber Highlights the Rush to Conquer Driverless Cars. Dort wird im Februar 2017 berichtet, dass das Überfahren von roten Ampeln bei Uber keine Ausnahme ist: "All told, the mapping programs used by Uber's cars failed to recognize six traffic lights in the San Francisco area," the Times found, citing internal Uber documents.

Dies war für Uber nicht der erste Unfall (auch Google/Waymo war bisher in eine Reihe von Unfällen verwickelt, bei Google in der Regel wegen zu defensivem Fahren, die anderen Verkehrsteilnehmer fahren dann auf). Die anderen beiden Uber-Unfälle passen aber in das Muster: Für die ersten beiden und vielleicht auch den letzten, tödlichen gilt, dass Uber technisch nicht schuld ist, andere haben nicht aufgepasst. Der Artikel beschreibt die ersten beiden Unfälle im Detail.

In beiden Fällen hat das Uberfahrzeug Vorfahrt und ist deswegen über die Kreuzung "gebrettert". Der oben verlinkte Artikel von ars technica sagt, "so fährt ein Mensch eben nicht". Als Autofahrer haben wir gelernt, dass wir versuchen auch dann keinen Unfall zu bauen, wenn andere einen Fehler machen - die meisten von uns "brettern" nicht durch unübersichtliche Situationen, selbst wenn wir technisch Vorfahrt haben. Trotzdem waren eine Reihe von Kommentaren zu dem tödlichen Unfall: "Na ja, die Frau ist dem Fahrzeug eben reingerannt, sie war ja nicht am Zebrastreifen".

Nov 2019: Nun werden von der Behörden die Ergebnisse der Untersuchung veröffentlich. Die Untersuchung der Behörde zeigt, dass der Algorithmus eine Reihe von sehr problematischen Fehlern/Problemen enthielt die alle gemeinsam dann zu dem Unfall geführt haben: die Frau wurde sehr früh von den Sensoren wahrgenommen, aber weil sie ein Fahrrad schob, 3x unterschiedlich wahrgenommen (erst als Fahrzeug, dann als Fahrrad und als unbekanntes statisches Object. Bei jedem der neuen Einschätzungen wurde die Position verworfen, daher war nicht klar, dass das Objekt sich bewegt. Als klar war, dass ein Aufprall passieren würde wurde die "action suppression" aktiviert, die extreme Manöver bei 'false positives' verhindern soll. Gleichzeitig wurde die Kontrolle an die überforderte Fahrerin abgegeben.

Uber Management sieht die autonomen Taxis als überlebenswichtig für ihr Unternehmen. Zitat: "I just see this as a race and we need to win, second place is first looser [sic]," Levandowski wrote in a text message to Kalanick. Für Uber scheint es darum zu gehen, endlich diese nervigen Fahrer aus ihren Fahrzeugen zu bekommen. Die verlangen Bezahlung, Arbeitsverträge, müssen in einigen Ländern/Städten neuerdings Prüfungen ablegen, etc. Ziel ist für Uber eine autonome Fahrzeugflotte, die von den Kunden über Apps bestellt und "gesteuert" werden. Uber will möglichst schnell mit Hilfe autonomer Autos seine Kosten reduzieren.

Uber Firmengründer Travis Kalanick sagte Business Insider im Jahr 2016: "Wenn wir nicht die Ersten sind, wird die führende Person oder Institution einen Mitfahrdienst ausrollen, der viel billiger oder viel besser ist als Uber, dann ist Uber weg vom Fenster." Anthony Levandowski, VP of engineering bei Uber schrieb an seinen damaligen Firmenchef Larry Page von Alphabet (Google) jedoch im Jahr 2016: "Wir brauchen keine redundanten Bremsen oder Lenkung oder ein schickes neues Auto, wir brauchen bessere Software. Um bessere Software zu bekommen, sollten wir so schnell wie möglich die ersten 1.000 Autos losfahren lassen."

Golem.de schreibt: "Geld verdienen lässt sich mit autonomen Autos vor allem, wenn sie die menschlichen Fahrer bei Fahrdiensten und Taxis ersetzen können. Die Verlockung, übereilt entwickelte Technik einzusetzen, ist groß. Dabei ist das autonome Fahren in der Stadt viel anspruchsvoller als beispielsweise auf der Autobahn. Es gibt viel mehr Verkehrsfaktoren wie schwer berechenbare Fußgänger und Radfahrer, die erkannt und mit einbezogen werden müssen." Daher neigen die anderen autonomen Fahrzeuge dazu, extrem defensiv zu fahren und damit die anderen Verkehrsteilnehmer zu nerven. Dies zeigen Medienberichte aus den USA regelmäßig.

Auf der VDI-Tagung ELIV im vergangenen Oktober in Bonn gab auf die Frage, wann autonome Autos (Stufe 5) serienreif sein werden, die Mehrheit der versammelten Autoingenieure das Jahr 2030 als Antwort. An zweiter Stelle wurde 2035 genannt. Uber scheint da deutlich optimistischer und riskanter unterwegs zu sein.

 

Das Problem der Aufmerksamkeit des Fahrers und die Rück-Übernahme der Kontrolle bei teil-autonomen Fahren

Noch ein Aspekt, der sich aus dem derzeitigen Implementierungssstand der Autonomie ergibt: Die gesetzliche Forderung, dass der Fahrer innerhalb weniger Sekunden wieder die volle Aufmerksamkeit und den vollen Überblick hat und die Kontrolle über das Fahrzeug wieder übernehmen kann, steht auf extrem schwachen Füßen.

Unfallforscher warnen vor Risiken des teilautomatisierten Fahrens. Die (juristische) Forderung ist, dass der Fahrer in 4 Sekunden die Kontrolle übernimmt. In Fahrsimulatoren wurde gezeigt, dass dafür mindestens 12 Sekunden erforderlich sind, d.h. das Fahrzeug fährt 8 Sekunden "blind" einfach weiter (es sei denn, dass eine Kollisionvermeidung anschlägt, was aber beim Uber-Unfall 2018 nicht geklappt hat).

Hier noch ein Artikel dazu (2018): Mehr Stress durch Fahrassistenzsysteme. In einer Studie mit 50 Teilnehmern, 36 Männern und 14 Frauen im Alter von 18 bis 65 Jahren, wurde an der Allgäuer Hochschule der Spurhalteassistent unter die Lupe genommen. Das Stresslevel (Atmung und Puls) stieg bei allen Probanden an, sobald der Spurhalteassistent eingeschaltet war". "Im Durchschnitt waren die Probanden deutlich weniger gestresst, wenn sie bei einer Geschwindigkeit von 160 Stundenkilometern ohne Spurhalteassistent fuhren, als bei 120 Stundenkilometern mit Spurhalteassistent."

Die Studie betont, dass sich dieser Stress durch Gewöhnung evt. reduzieren könnte. So hört man von einzelnen Fahrern, dass beim Dahingleiten auf der Autobahn für sie das Fahren deutlich angenehmer sei.

 

 

 

Systematische Schwächen von Artificial Intelligence im Fahrzeug

Die Frage, ob autonome Fahrzeuge sicher(er) fahren können hängt stark mit der Entwicklung und den Herausforderungen bei der Artificial Intelligence zusammen. Wie wir ein wenig weiter unten sehen können, sind die Systeme sehr abhängig von den Datensätzen mit denen sie trainiert wurden, kleine Abweichungen der realen Welt von den Trainingsdaten können zu Katastrophen führen. Dazu kommt die fehlende Nachvollziehbarkeit, d.h. nach einem Unfall kann nur sehr schwer geklärt werden, was eigentlich schief gelaufen ist.

 

Angriffe gegen die künstliche Intelligenz im Fahrzeug

Die große Herausforderung bei der Entwicklung autonomer Fahrzeug ist, dass das Fahrzeug die komplexen Situationen auf unseren Straßen "verstehen" und korrekt interpretieren müssen. Herausforderungen sind dabei z.B.

  • Schlechte Sichtbedingungen für die Erkennung der Spurmarkierungen (Dunkelheit, nasse Fahrbahnen mit Gegenlicht, verschneite Fahrbahn, veränderte Markierungen auf Grund von Baustellen, etc.
  • Schlechte Sicht auf andere Verkehrsteilnehmer (gleiche Gründe wie oben, aber erschwert dadurch dass z.B. Fußgänger kein Radarecho liefern)
  • Verwirrendes oder unberechenbares Verhalten von anderen Verkehrsteilnehmern ("fährt er jetzt oder doch nicht??", Verhalten von Kindern)
  • Verstehen von komplexen Ampelanlagen (welches der roten und grünen Signale gilt für welche der Spuren, welches ist nur für Fußgänger, etc, auch unter Berücksichtigung von blendendem Gegenlicht)
  • Verstehen der Verkehrsschilder am Straßenrand, zum Teil abgeblättert, auch bei Gegenlicht

Um diese komplexen Aufgaben zu lösen haben wir als wichtigste Komponente eines autonomen Fahrzeugs die weiter oben bereits erwähnte integrierte künstliche Intelligenz (artificial intelligence, AI) im Fahrzeug. Wie auch bereits weiter oben (und an anderer Stelle: nicht-nachvollziehbare Algorithmen) erwähnt wurde sind selbstlernende Systeme (zumindest derzeit) nicht in der Lage zu erklären, wie sie eigentlich arbeiten und wie sie zu ihren Entscheidungen kommen.

Daraus resultieren interessante Probleme, die zeigen, wie fragil das Erkennen von konkreten Situationen, in diesem Fall simple Verkehrsschilder eigentlich ist. Ein Forschungsprojekt zeigt, wie leicht autonome Fahrzeuge Verkehrsschilder falsch interpretieren können. (Siehe Grafik direkt hier drunter - Ein Hintergrundartikel in heise.de bringt mehr Details über diese sog. Pixelfehler oder Störmusterattacken. Solche Pixelfehler sind auf Grund der verwendeten Technik für Bilderkennung nur sehr schwer zu korrigieren. Auch bei der Gesichtserkennung führt dies zu falschen oder fehlenden "Matches".)

 

Andere Tester haben es geschafft, durch schwarze und weiße Aufkleber auf einem Stop-Schild dies zu einer Geschwindigkeitsbegrenzung zu machen, dies ist sicherheitstechnisch ein erheblicher Unterschied.

Hier eine weitere Studie von anderen Forschern die AI-Systeme verwirrt haben. (Dies sind im Prinzip die gleichen Probleme, die ich auch bei Gesichtserkennung durch AI beschreibe).

Andere Forscher haben es geschafft, ein Schildkrötenpanzermuster zu finden, das von dem getesteten Bilderkennungssystem für eine Pistole gehalten wird.

 

Fehlende Nachvollziehbarkeit

Die Systeme die Objekte rund um das Fahrzeug erkennen sollen arbeiten nach dem Regeln von Artificial Intelligence. Ein großes Problem dabei ist, dass selbstlernende Algorithmen das lernen, was man ihnen vorsetzt und dass man erst im Betrieb (mehr oder weniger zufällig herausfindet, was sie aus den Daten "gelernt" haben. Dann kommt es so Unfällen wie bei Tesla im Mai 2016: Weil die Kameras von Mobileye nicht darauf trainiert waren, querende Objekte wahrzunehmen, war es im Mai 2016 zu dem tödlichen Unfall mit einem Tesla gekommen.

Wegen dieser fehlenden Nachvollziehbarkeit wird es auch in diesem Fall schwierig sein, den Fehler in der Uber-Software zu finden. Dies ist ziemlich sicher kein herkömmlicher Programmierfehler (den man durch Code-Analyse finden kann), sondern eine falsch erlerntes Verhalten in einem künstlichen neuronalen Netz. (Das nachträgliche Analysieren dessen, was so ein Netz gelernt hat, ist eine eigene Wissenschaft und erst im Anfangsstadium.) Künstliche Intelligenzen die auf Selbstlernen beruhen schreiben keine Logs ihrer "Überlegungen". Man kann sich nach dem Unfall in den Logs ansehen, was die das Fahrzeug getan an (in diesem Fall nicht-gebremst), evt. kann man noch nachvollziehen, was die Sensoren an die Computer weitergegeben haben, aber dazwischen ist "reine Magie", nicht nachzuvollziehen. Das wird sich auch nicht ändern, das ist eine Design-Feature. Hier noch eine Artikel aus 2017 zum Stand von neuronalen Netzen: Mercedes auf der CES: Was neuronale Netze im Auto leisten können und warum KI vielleicht scheitert. Der Vortrag zeigt ein sehr eingeschränktes "Verständnis" der Systeme für die Situationen im Verkehr.

Warum soll der Forschungsstand bei autonomen Fahren so viel besser sein als z.B. beim maschinellen Übersetzen zwischen Sprachen. Auch da gibt es ständig tolle Fortschritte zu berichten, aber wenn jemand mal wirklich tief reinschaut, so kommt an vielen Stellen bei den maschinellen Übersetzungen viel Schrott raus. Hier von Douglas Hofstadter: The Shallowness of Google Translate. In beiden Fällen haben wir es für die Artificial Intelligence mit sehr ähnlichen Herausforderungen zu tun: Situationen und Zusammenhänge, die für uns Menschen leicht zu verstehen sind, weil wir den Kontext selbst erlebt haben oder weil das implizit in der Kultur so verankert ist müssen durch die Maschine mühsam erlernt werden.

Die Zahl der möglichen Situation die das lernende Netzwerk bereits "erlebt" oder "erfahren" haben muss um das Verständnis eines Menschen zu bekommen ist riesig. Fehler beim Übersetzen sind akzeptierbar, wenn aber Menschen durch diese Lücken im Erfahrungswissen sterben, dann ist das nicht mehr OK. Die Zulassungsstellen für Autos rätseln noch darüber, wie sie einem solchen Fahrzeug Verkehrssicherheit bescheinigen können. Hier ein 2017 Artikel über die grundsätzlichen Probleme des menschlichen Gehirns, sich die Abläufe in Computerprogrammen vorzustellen und diese sicher zu implementieren: The Coming Software Apocalypse.

An anderer Stelle schreibe ich noch mehr über das Problem der nicht-nachvollziehbaren Algorithmen und über die ethische Probleme rund um Artificial Intelligence.

 

 
Nach oben

 

Haftung bei Unfällen und Schäden

Maschinen sind nicht schuldfähig und können keine Verantwortung übernehmen wenn durch ihr "Fehlverhalten", z.B. einen technischen Fehler Unfälle passieren und Schäden entstehen. Sie haben kein eigenes Vermögen und können daher auch keine Haftung übernehmen. Das können nur Menschen oder Unternehmen. Und selbst wenn fahrerlose Fahrzeuge irgendwann wirklich mal in jeder Verkehrssituation und bei jedem Wetter sicher fahren würden (was noch offen), selbst dann werden in neuen, noch nicht programmierten (oder "trainierten") Situationen Fehler passieren. Menschen sind nun mal auf Grund ihrer Evolution ziemlich flexibel im Umgang mit neuen Situationen.

D.h. auch bei autonomen Fahrzeugen bei denen kein Mensch lenkt muss irgend jemand die Haftung übernehmen, speziell dann, wenn bei Unbeteiligten Schäden entstehen. In Frage kommen sinnvollerweise nur der Hersteller, bzw. evt. noch der Fahrer (beide evt. abgesichert durch Versicherungen). In Deutschland und in Kalifornien sind entsprechende Gesetze in unterschiedlichen Stadien der Verabschiedung. Die Länder verfolgen dabei sehr unterschiedliche Ansätze.

Die Regelung in Deutschland aus 2017 ist sehr freundlich für die Hersteller: Der Fahrer hat letztendlich immer die Verantwortung. Er darf ausdrücklich Nebentätigkeiten tun, muss aber erkennen, ob die Automatik fehlreagiert und dann recht schnell die Kontrolle übernehmen. Die Haftung des Herstellers tritt nur dann ein, wenn der Fahrer nachweisen kann, dass die Automatik ihn nicht von ihrer Überforderung informiert hat. Dies setzt natürlich voraus, dass es eine Blackbox im Fahrzeug gibt, die alle Aktivitäten des Fahrzeugs und des Fahrers protokolliert und diese ist Pflicht. Die Speicherdauer wurden von geplanten 3 Jahren auf 6 Monate reduziert, was aber für den Zweck der Rekonstruktion eines Unfalls ebenfalls ein absurd langer Zeitraum ist. Das klingt stark danach, dass hier eine Vorratsdatenspeicherung für Autos eingeführt wurde. Zusätzlich werden natürlich elementare Daten wie Standort, Betriebszustand an den Hersteller (und möglicherweise die Versicherung und andere übertragen).

So eine Regelung bei der der Fahrer übernehmen muss, das schließt natürlich autonome Fahrzeuge ohne Lenkrad und ohne Fahrer aus, z.B. die von Uber geplanten und bereits getesteten autonomen Taxis. Das Übernehmen der Kontrolle durch den Fahrer ist wissenschaftlich mittlerweile recht gut untersucht worden und alle Tests zeigen, dass Menschen die sich auf etwas anderes konzentriert haben sehr lang brauchen, um sich in eine neue Situation im Verkehr einzudenken, Entscheidungen zu treffen und intelligent zu hanndel, das liegt bei bis zu 15 Sekunden, was im Verkehr eine sehr lange Zeit ist. Wie problematisch dies sein kann zeigt der Artikel Wenn beim E-Mail-Schreiben der Reifen platzt. Hier in der NYT: Robot Cars Can't Count on Us in an Emergency.

Die Aktualisierung für Deutschland und für Fahrzeuge die Automatisierungsstufe SAE 4 (siehe oben, 'voll-autonom' unter definierten Bedingungen) wird nun konkreter: 2022: Autonomes Fahren - von gesetzlichen Regelungen und leeren Straßen. Definiert wird, dass die Fahrzeuge in Operational Design Domains (ODD) unterwegs sein müssen. Diese 'eingeschränkte Betriebs-Domäne' kann ein bestimmtes Gebiet, wie ein Stadtteil, ein Firmengelände oder eine baulich abgetrennte Fahrspur sein. Die Fahrzeuge müssen in der Lage sein, ohne menschliches Eingreifen autonom einen "Zustand minimierten Risikos" anzusteuern, normalerweise durch sicheres Anhalten auf dem Seitenstreifen oder auf einem Parkplatz. Dann muss das Fahrzeuge Kontakt zu einer Leitstelle aufnehmen. Geschultes Personal muss dort jederzeit in der Lage sein, seiner Pflicht zur "Nicht-Eins-zu-Eins-Fachaufsicht" nachzukommen. Das Gesetz sieht eine "technische Aufsicht" vor, die Wahrnehmungsdaten aus den Fahrzeugen empfängt und verarbeitet und sinnvoll eingreifen kann, etwa um die Fahrzeuge vom aktuellen Standort wegzulenken oder eine Fernwartung durchzuführen. Als Betreiber von autonomen Fahrzeugen werden entweder Autohersteller, öffentliche Verkehrsbetriebe oder aber Mobilitätsplattformen. Der Artikel schreibt, dass derzeit nur wenig Begeisterung der möglichen Betreiber in Deutschland zu spüren ist (anders als in USA und China, wo wohl bereits autonome Taxis im Testbetrieb sind).

Im Artikel Automatisiertes Fahren: Ideale Voraussetzungen für die automobile Zukunft wird 2018 die Position der Versicherer dargestellt: "Kommen Dritte beim Betrieb eines Fahrzeugs zu Schaden, spielt es für eine Entschädigung durch die Kfz-Haftpflichtversicherung keine Rolle, wer oder was einen Unfall verursacht hat. Unfälle durch automatisierte Fahrzeuge sind davon heute schon ebenso umfasst wie etwaige Unfälle, die infolge eines Hackerangriffs auf vernetzte Autos entstehen." Der Artikel lässt aber die für den Fahrzeugbesitzer wichtige Situation bei Voll-Kasko aus. Da wird zu klären sein, wer die Beweislast trägt: Hersteller oder Fahrzeugbesitzer. Deswegen fordern die Versicherer den Zugang zu Fahrzeugdaten.

Natürlich müssen diese Autos zuerst zugelassen werden, und dies ist ein Alptraum für die Behörden: Die längste Fahrprüfung des Universums.

Vor diesem Problem drücken sich die Behörden in Kalifornien, dort wird keine Zulassung notwendig sein, sondern nur eine Registrierung und komplette Haftungsübernehme durch den Hersteller. Dort werden, wohl durch die sehr aktive Lobby der Hersteller, Test- und Regelbetrieb vollständig frei gegeben, auch für Fahrzeuge in denen kein Fahrer sitzt, d.h. die fahrerlosen Uber-Taxis. Nach dem Konzept der neoliberalen Wirtschaftspolitik soll in den USA der Markt alles regeln.

Und das läuft so: die Hersteller entwickeln ihre Fahrzeuge und lassen sie dann für autonomes Fahren registrieren. Sie erklären dabei, unter welchen Bedingungen, in welcher Umgebung, bei welcher Wetterlage und mit welchem Tempo ("Operational Domain") das Fahrzeug betrieben werden kann. Wenn die Bedingungen nicht erfüllt sind, muss das Fahrzeug selbständig entweder die Kontrolle abgegeben oder, wenn das nicht geht, stehen bleiben. Der Hersteller muss sich gut überlegen, für welche Operational Domain er die Verantwortung übernehmen will, denn er haftet voll. Dafür wird bei der Zulassung geprüft, ob der Hersteller die dafür notwendigen Finanzen besitzt. Geht dem Hersteller das Geld aus oder stellt er den Betrieb ein, zieht die Behörde die Betriebsgenehmigung der Fahrzeuge ein. Daher kommen wohl nur Leasing oder Miete in Frage, wer würde ein Fahrzeug kaufen, das jederzeit seine Zulassung verlieren kann?

Und nach den neoliberalen Regeln wird es keine Zulassung durch Behörden geben: der Hersteller entscheidet, welches Haftungsrisiko er eingehen will, wenn er sich dabei verschätzt, so erlischt die Zulassung.

In Großbritannien sieht ein Gesetzentwurf vor, dass die Autoversicherung auf jeden Fall zahlen muss, sie darf sich dann vom Hersteller möglicherweise das Geld wieder erstreiten.

 

 

Nach oben

 

Sicherheit gegen Cyberangriffe auf Autos - Schutz gegen gewollte und ungewollte Manipulationen

Systemetische Studien zeigen die Angriffsflächen

Dafür, dass Fahrzeuge sicher im Straßenverkehr unterwegs sind gibt es 2 Voraussetzungen: Erstens muss der Fahrzeugingenieur die Funktionen des Fahrzeug korrekt und ausfallssicher implementiert haben (das nennt man Safety), aber zusätzlich muss man auch sicher sein, dass die dort implementierten Funktionen nicht durch unautorisierte Personen oder Institutionen manipuliert werden können (das nennt man Security).

Solange die Fahrzeuge rein mechanisch waren bestanden die security-relevanten Risiken im Ansägen von Bremsleitungen und ähnlichen Manipulationen. Seitdem jedoch Fahrzeuge mehr und mehr aus vernetzten Computersystemen bestehen, die auch noch drahtlose Schnittstellen haben, gibt es neben der Safety auch noch reichlich Sicherheitsaspekte zu beachten.

Auf meiner anderen Website bringe ich neben vielen Anekdoten über Angriffe auf moderne Fahrzeuge über ihre IT-Komponenten bis zu den vielen Diebstählen mittels Angriff auf die elektronischen Schlösser auch eine Reihe von detaillierten Studien dazu, z.B. A Survey of Remote Automotive Attack Surfaces und Experimental Security Analysis of a Modern Automobile (pdf).

Diese und andere Studien zeigen, wie leicht angreifbar moderne Autos mit ihren 50 - 70 integrierten Prozessoren sind (embedded systems). Diese Prozessoren werden typischerweise mittels CAN-Bus miteinander gekoppelt, an dem nicht nur Systeme wie Engine Control Module, Electronic Brake Control Module, Transmission Control Module und Body Control Module angeschlossen sind, sondern auch das Autoradio (das zumeist auch verwendet wird um alle Blinker- und Warngeräusche zu erzeugen und daher eng mit den anderen Fahrzeugprozessoren gekoppelt sein muss), die Klimananlage, die Airbags, die Diebstahlsicherung, das Navi, die Instrumentierung im Armaturenbrett, der elektronische Türöffner und das Telematic-Module, das über GSM (Handy) eine Lokalisierung und Blockierung des gestohlenen Autos erlaubt.

Die Sicherheitsphilosophie der Ingenieure bezieht sich jedoch nur auf Safety (das Vermeiden von Unfällen, z.B. bei Ausfall von Prozessoren oder des Daten-Bus, und nicht auf Security (dem Schutz gegen böswillige Datenpakete im Bus-System. Solche böswilligen Datenpakete können auf vielfältige Weise in das Datennetz kommen. Ein möglicher Weg wäre der Anschluss eines kleinen Computers (z.B. ein iPhone) an den Diagnosestecker unter dem Armaturenbrett. Ein anderer Weg geht über die drahtlosen Systeme die an den Bus angschlossen sind, z.B. den Türöffner und das Telematic Module.

Eine weitere Angriffsmöglichkeit sind Geräte die nicht vom Hersteller stammen, z.B. Autoradios und Navis die von vielen Anbietern verfügbar sind und auch mit vielen anderen Prozessoren kommunizieren müssen (z.B. um zu wissen ob Blinkergeräusche erzeugt werden müssen).

Die Spezifikationen des CAN-Bus besagen, dass Signale nur von autorisierten Systemen akzeptiert werden sollen, aber den Testern der beiden Universitäten ist es gelungen, über jede der Angriffspfade alle Prozessoren beliebig anzusprechen. So konnten sie z.B. einzelne Räder gezielt blockieren, die Bremse vollständig deaktivieren, das Auto hupen lassen, vollständig deaktivieren, oder auch dafür sorgen dass es trotz abgezogenen Schlüssels immer weiter lief. Diese böswilligen Signale können auch ganz gezielt eingesetzt werden wenn das Fahrzeug bestimmte Betriebszustände erreicht, z.B. bei einer bestimmten Geschwindigkeit. Auch hier sagt wiederum die Spezifikation, dass z.B. die Bremsen ein Deaktivierungskommando nur akzeptieren dürfen, wenn das Fahrzeug steht, aber auch diese Sicherheitsregeln waren in den beiden Testfahrzeugen nicht implementiert.

Das heißt, es gibt vielfältige Angriffsmöglichkeiten die von "nur extrem nervig" (Dauerhupton) bis tödlich reichen (Deaktivierung des Bremssystems wenn eine bestimmte Geschwindigkeit erreicht wird). Und das allerbeste für Morde durch Angriff auf den Datenbus ist, dass es den Angreifern gelungen ist, nach erfolgtem Angriff alle Spuren einer Manipulation der Systeme wieder zu überschreiben, d.h. sie konnten Programme im Speicher der Prozessoren manipulieren und nach erfolgter Tat automatisch den Originalcode wieder drüber speichern.

Einzel-Analysen zeigen die Ausnutzbarkeit fast aller Komponenten

heise.de berichtete über eine Studie zu Sicherheit elektronischer KFZ-Steuerungen: Security and Privacy Vulnerabilities of In-Car Wireless Networks: A Tire Pressure Monitoring System (TPMS) Case Study. Es geht dabei um Angriffe auf Autos über die drahtlose Verbindung zwischen den Ventilen und der Bordelektronik, die in den USA bereits jetzt Pflicht sind und in der EU sehr bald Pflicht werden. Die Autoren finden heraus, dass es keine Absicherung gegen fremde Signale gibt. So gelingt es bei 2 gängigen Automarken in das Fahrzeugsystem einzudringen und die Reifendruckanzeigen während der Fahrt von einem anderen Auto aus zu manipulieren (damit könnte man z.B. einen Fahrer dazu zu bringen anzuhalten, was für Räuber eine gute Gelegenheit ergibt).

Weitere Angriffe: Auto-Bremsen per Bluetooth und MP3-Trojaner gehackt. Dieser Angriff hat über die Freisprechanlage funktioniert, sie konnten das Fahrzeug auch über ein dem Auto noch nicht bekanntes Handy steuern. Außerdem funktionierte die Infektion über eine CD mit einer manipulierten MP3-Datei. Hier der Link zu Originalartikeln: Taking Control of Cars From Afar und With hacking, music can take control of your car. Der Angriff über Musik im 2. Artikel ist speziell interessant, weil er "skaliert", d.h. flächendeckend eingesetzt werden kann: Der Angreifer kann die Systeme im Auto mittels einer präparierten MP3-Datei übernehmen. Der Angreifer könnte die Datei über Filesharing flächendeckend verteilen. Wenn die Datei auf eine CD gebrannt wird und im Autoradio abgespielt, dann übernimmt der Schadcode die Computer im Auto. Sofern der Wagen entsprechend ausgerüstet ist sendet er die Position des Wagens an den Angreifer (entweder über Internet-Anschluss im Auto oder GSM). Wenn dann der benachrichtigte Dieb zu Wagen kommt, so kann die Elektronik die Türen öffnen und den Wagen starten.

Noch ein Artikel über Forscher in Magdeburg die ebenfalls mehr Schutzfunktionen für die IT im Auto fordern. Und weiter geht's: Hackers unlock car via text. Die Forscher haben per SMS die Autotüren geöffnet und den Motor gestartet. Und noch mal hier: Cars vulnerable to hack attacks.

Auf der Blackhat Europa Konferenz zeigen Sicherheitsexperten bereits in 2012 wie Fahrzeuge, die mit der sog. 'M2M'-Technologie (d.h. Maschine-to-Machine Kommunikation) ausgerüstet sind angegriffen werden können und zwar mittels SMS. Weiter unten mehr zu den systematischen Problemen vernetzter Fahrzeuge.

Ein Artikel aus 2012 berichtet über Upgrading Auto Software In A Flash. Es geht darum, dass für Autos mittlerweile die gleiche Problematik besteht wie für jeden anderen Computer: die Software muss ständig aktualisiert werden. In den USA wurden bereits 2007 mehr als 1 Mio. Autos für Software-Updates in die Werkstatt gerufen, August 2011 hat Honda allein 2 Mio Rückrufe gehabt, und Jaguar 18000 im Oktober. Um dieses Problem zu lösen hat eine Organisation, die OMA-DM (Open Mobile Alliance Device Management) einen Standard für over-the-air Software Updates für Autos entwickelt, mit deren Hilfe die Software aktualisiert werden kann ("reflashing"). Und jede dieser Aktualisierungen ist ein weiterer Angriffsweg, denn dabei kann auch eine manipulierte Software untergeschoben werden (die Techniker sprechen dann von einem Man-in-the-Middle Angriff).

Viele weitere Details zu Angriffen auf herkömmliche und autonome Fahrzeuge (inklusive der vielfältigen Möglichkeiten des elektronischen Fahrzeugdiebstahls) finden sich auf meiner anderen Website.

 

 

Nach oben

 

 

Die neuen Auto-Tuner

Ein autonomes Fahrzeug, dass auf jeden Fall versucht, alle Unfälle zu verhindern würde extrem vorsichtig fahren müssen. Da wäre einmal der offizielle Sicherheitsabstand, der von menschlichen Fahrern selten wirklich eingehalten wird, aber auch Faktoren wie Querbeschleunigung in der Kurve, bei der derzeit (2018) ein recht konservativer Maximalwert vorgegeben wird. Und offenbar gibt es bereits jetzt Justiermöglichkeiten für etwas riskantieres Fahren. So berichtet 2018 der Artikel Tödlicher Unfall mit Tesla Model X, Autopilot war aktiviert, der Fahrer habe die Distanz der Abstandskontrolle auf ein Minimum gesetzt.

Der Science Fiction Autor Cory Doctorow beschreibt eine Weiterführung solcher Einstellmöglichkeiten je nach Risikofreudigkeit der Fahrer: Who controls the code? Wenn wir denn mal so weit sind, dass die Computer in den Fahrzeugen sicher entscheiden können, wer im Notfall geopfert wird, wie verhindern wir, dass ein neuer Zweig von "Tunern" die Software leicht verändert, z.B. diesen Algorithmus anpasst so dass dem Fahrer am wenigsten passieren kann und noch gefährlicher, den Teil des Codes deaktiviert, der ein Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit verhindert. Für diese Modifikation sehe ich einen ausreichenden Markt, denn das strikte Einhalten der Verkehrsregeln könnte für viele potentielle Käufer ein Grund sein, so ein Fahrzeug nicht zu kaufen.

Tesla hat Ende 2016 für eine kleine Aufregung unter ihren Kunden gesorgt: der Autopilot wird sich in Zukunft an Geschwindigkeitsbegrenzungen halten. Das finden nicht alle Kunden gut.

Cory Doctorow hat in seinem Science Fiction Roman "Walkaway" dies in einer Szene verarbeitet. Die Straßen seiner Zukunft sind so verstopft wie unsere derzeit auch. Alle Fahrzeuge sind autonom, der Verkehr läuft langsam und gleichmäßig. Der reiche Tycoon hat sein Fahrzeug aber optimieren lassen: es hält keine Sicherheitsabstände ein, nimmt anderen die Vorfahrt, verstößt gegen alle Vekehrsregeln. Mit dem Ergebnis, dass das Fahrzeug alle anderen Autos gehörig "verschreckt", aber sich blitzschnell durch den Stau mogeln kann. Der Tycoon, als er darüber zur Rede gestellt wird, entgegnet lakonisch: "Das sind Verkehrsübertretungen, die Strafen werden einfach vom Konto abgebucht". Wie so etwas verhindert werden kann, ist derzeit noch vollkommen offen.

Dass es fast unmöglich ist, Code-Modifikationen zu verhindern, zeigt das Desaster rund um Digital Rights Management, d.h. das Verhindern von Raubkopien. Es klappt einfach nicht. Denn der Code muss natürlich durch autorisierte Stellen modifizierbar sein, sonst könnten ja keine Sicherheits-Patches installiert werden. (Das geht bei modernen Autos (2015) sehr oft, indem der Besitzer sich von der Website des Herstellers ein Programm auf einen USB-Stick spielen muss und den dann im Fahrzeug reinstecken. Dann modifiziert sich der Bordcomputer. Viel komplizierter wird das Abschalten der Verkehrsregeln in Zukunft auch nicht sein.

Unautorisiertes Verändern der Fahrzeugprogrammierung haben Bastler bereits 2016 praktiziert: hier z.B. das Hacken von Traktoren von John Deere damit der Landwirt das Fahrzeug selbst reparieren kann und nicht auf den offiziellen Techniker warten muss. An anderer Stelle haben ich viele aktualisierte Details zum Recht auf Reparatur - Right to Repair.

 

 

Nach oben

 

Für wen rechnen sich die neuen Fahrzeuge? Wer braucht autonome Fahrzeuge?

Hauptgrundlage für diesen Abschnitt ist eine Studie von Deloitte A reality check on advanced vehicle technologies, zusammengefasst als Autonomes Fahren ist für Autofirmen eine riskante Wette aus 2018.

 

Die Herausforderung bei Privat-PKW

Bereitschaft, höhere Preise zu zahlen

Eine Studie sagt, dass in den jüngsten drei Jahren seien mindestens 80 Mrd. Dollar von Unternehmen in die CASE-Fahrzeugtechnologien (connected autonomous shared electric) investiert wurden. Dies ist eine gigantische Investition, von der nicht klar ist, wie das Geld wieder verdient werden kann. Denn viele Konsumenten sind nicht bereit, für ein autonomes Auto mehr zu zahlen. Die Hälfte der Konsumenten in Deutschland, aber auch rund ein Drittel in Ländern wie den USA oder Japan, würden dafür nicht tiefer in die Tasche greifen, ergab eine Deloitte-Umfrage unter 22.000 Konsumenten in 17 Ländern (ohne Österreich). Der Rest ist zu höheren Zahlungen bereit, aber die zusätzlichen Beträge sind gering im Vergleich zu den Ausgaben der Firmen.

Umfragewerte 2018 zeigen in Deutschland zeigen nur bei ca. 20% eine Begeisterung für autonome Fahrzeuge, auch wenn 66% davon ausgehen, dass der Verkehr sicherer werden würde.

Wie ich weiter oben bei der Diskussion des Uber-Unfalls erklärt habe so hängt die Sicherheit eines autonomen Fahrzeugs ganz stark von der Zahl der Sensoren ab. Diese werden zwar deutlich im Preis fallen, aber das sind auf jeden Fall Zusatzkosten, die sich irgendwie im Kaufpreis niederschlagen müssen. Vor allem haben die Unternehmen die Herausforderung, dass sie nicht nur die zusätzlichen Kosten für die neuen Komponenten wie zusätzliche (recht teure artificial intelligence Computer und die Sensoren auf die Kunden umlegen müssen, sondern irgendwie auch noch die 80 Mrd. die in die Entwicklung geflossen sind. Dies kann unmöglich für alle der Firmen gelingen, die derzeit dort investieren. Siehe Daimler: Elektroautos sind schlecht für die Bilanz. Ebenso: Prognose ExxonMobil: 2040 fahren noch zwei Drittel der Autos mit Verbrennungsmotor. Das klingt für mich durchaus realistisch, die Details in der verlinkten Studie.

Dabei stieg im Studienzeitraum die Akzeptanz von autonomen Fahrzeugen. Der Anteil der befragten Personen die autonome Fahrzeuge für sicher halten, hat sich zwischen 2017 und 2018 von einem Drittel auf 59 Prozent annähernd verdoppelt. Der Trend sei in allen Ländern ähnlich, in Deutschland gab es einen Anstieg von 45 Prozent auf 72 Prozent. (Das war vor dem Unfall des Uber-Fahrzeugs). Aber Akzeptanz ist nicht gleichzusetzen mit der Bereitschaft, Aufpreise zu zahlen. Und sie könnte nach einigen tödlichen Unfällen auch sehr schnell wieder einbrechen.

Verlust der traditionellen Markennamen
Aber weltweit setzen nur 45 Prozent der Befragten auf klassische Autoproduzenten als Hersteller autonomer Fahrzeuge, neue Konkurrenten wie Tesla, Waymo/Google, Cruise stehlen weitgehend die Aufmerksamkeit (auch wenn sie zum Teil auf Technologien der traditionellen Hersteller aufsetzen, aber diese Weise werden die traditionellen Hersteller auf reine Produzenten ohne Markennamen, ähnlich wie seit vielen Jahren Magna in Österreich, die für viele anderen Markenfirmen die Fahrzeuge herstellen, der aber als eigene Marke nur Insidern bekannt ist). In den traditionellen Auto-Erzeugerländern Deutschland, USA und Japan sind es zwar mehr die auf die traditionellen Marken vertrauen, im wachsenden Automarkt China sind es aber nur 28 Prozent, in Südostasien 13 Prozent.

Deloitte warnt davor, dass die Umstellung auf autonomes Fahren und Elektromobilität noch Jahrzehnte dauern wird. Allein die riesige Flotte an bestehenden Fahrzeugen, die mit einer Lebendauer von 10 bis 15 Jahren noch lange unterwegs sein werden, schränkt die Zahl der möglichen Verkäufe von teureren elektrischen oder autonomen Modellen ein. In Nordamerika sind über 325 Millionen Fahrzeuge unterwegs, in Europa 390 Millionen und in China 165 Millionen. Dazu verweisen sie auf den voraussichtlich preislich sehr interessante Gebrauchtwagenmarkt gegen den die teureren Modelle konkurrieren müssen.

Der Trend zu Sharing-Modellen
Die Anschaffungskosten sind bereits jetzt hoch genug, dass Car-Sharing Modelle für viele Menschen (vor allem in Städten) interessant werden. In den USA teilen bereits 23 Prozent der Befragten wöchentlich mindestens einmal ein Fahrzeug, weitere 22 Prozent tun dies hin und wieder. Und die Hälfte dieser Menschen hinterfragt, ob sie künftig überhaupt ein eigenes Auto brauchen. In Zukunftsmärkten wie Indien nutzen derzeit 85 Prozent einen geteilten Mobilitätsdienst (Taxi oder ähnlich), 61 Prozent dieser Befragten zweifelt an der Notwendigkeit eines eigenen Fahrzeuges. Je mehr sich Car-Sharing durchsetzt, desto weniger Fahrzeuge werden verkauft werden. Dieser Trend ist von den Herstellern klar erkannt - fast alle sind an Car-Sharing Firmen beteiligt.

Elektroantrieb
Ähnliche Probleme mit dem höheren Anschaffungspreis gibt es bei der Umstellung auf Elektroantrieb. Auch dort sind bis jetzt die Elektrofahrzeuge immer noch deutlich teurer, ohne dass sie überzeugende Vorteile für die Verbraucher bieten. Außerdem ist es für alle, die keine Eigenheimbesitzer sind, kaum möglich, sich eine reservierte Ladeinfrastruktur zu installieren, selbst wenn sie bereit sind, die Kosten zu tragen. (Die erste der beiden vorigen Verlinkungen zeigt, dass das Installieren von Schnelladestationen selbst in einem Haus mit Eigentumswohnungen nicht nur die Zustimmung der anderen Hausbesitzer erfordert, sondern dass die verfügbare Stromkapazität in einer typischen Haus-Tiefgarage in aller Regel nur wenige Schnellader unterstützen würde. Und für Mieter ist vollkommen offen, wie sie zu einer reservierten Ladestation kommen könnten.)

Eine weitere Herausforderung ist, dass es unklar ist, ob unsere Stromnetze den Spitzenbedarf leisten können, wenn zwischen 17 und 18 alle PKWs wieder aufladen wollen. Hier ein ausfühlicher Artikel darüber, warum Elektroantriebe mit weniger Energie für die gleiche Fahrstrecke auskommen.

 

Autonome Fahrzeuge im kommerziellen Einsatz

Wenn es um den Einsatz von Fahrzeugen geht, die von einem bezahlten Fahrer bewegt werden müssen, dann haben wir eine andere Situation und andere Kriterien. Dem höheren Anschaffungspreis stehen reduzierte Betriebskosten durch Einsparung der Fahrer gegenüber. Dazu kommt evt. ein durchgehender Einsatz rund um die Uhr. Daher rechne ich damit, dass autonome Fahrzeuge im Bereich des öffentlichen Personen-Nahverkehr (OPNV), bei Taxis, bei Lieferanten, aber vor allem bei LKWs auf der Autobahn ziemlich bald kommen werden. In diesen Bereichen sieht die Kalkulation nämlich ganz anders aus.

Taxis
Durch das Versprechen, durch Einsparung der Kosten für die Fahrer die Gesamtkosten drastisch zu senken ergibt sich hier nicht die Problematik, dass die autonomen Fahrzeuge mit den konventionellen konkurrieren müssen. Das ist auch der Grund, warum Uber solche Risiken eingeht (siehe oben) und möglichst bis Ende 2018 mit einem Angebot von autonomen Taxis auf dem Markt sein will (und Waymo/Google sogar gute Chancen hat, das wirklich zu schaffen: Google-Schwesterfirma will noch dieses Jahr einen fahrerlosen Taxidienst).

Fernverkehr
Ähnliche attraktiv ist der Ersatz der Fernfahrer durch autonome LKWs: Uber schickt selbstfahrende Trucks zum Warentransport durch Arizona und Waymo schickt selbstfahrenden Lkw auf Atlantas Straßen. Auch hier ist der Mensch einen wichtigen Störfaktor im optimalen Ablauf. Menschen müssen bezahlt werden, aber vor allem müssen sie Pausen machen in denen der LKW ungenützt "rumsteht". Autonome Fahrzeuge könnten rund um die Uhr unterwegs sein. Die NYT schreibt bereits 2017: Self-Driving Trucks May Be Closer Than They Appear. Aber 2023 sind sie noch nirgendwo zugelassen.

Auch von den technischen Herausforderungen her ist das Fahren auf der Autobahn die einfachste Aufgabe. Einige Firmen arbeiten bereits daran, dass in den USA menschliche Fahrer die LKWs, bzw. die Anhänger von Sattelschleppern, auf Autobahnparkplätze bringen. Dort übernimmt der Computer und fährt den Wagen bis zum Zielpunkt (sofern nicht getankt werden muss) und dort übernimmt die lokalen Zustellung wieder ein Mensch.

Auf Autobahnen gibt es vielfältige Möglichkeiten, den Fahrzeugen das autonome Fahren zu erleichtern. Die Strecken sind verglichen mit Bundes-, Landes- und städtischen Straßen viel kürzer, das heißt kostengünstiger mit elektronischen Hilfsmitteln wie intelligenten Schildern, Bodenmarkierungen auszustatten. Auch Baustellen könnten geeignet ausgestattet werden und alle Autobahnen millimetergenau vermessen.

Gesellschaftlich wird dies zu einer deutlichen Reduktion der Transportkosten bei den LKWs führen, vermutlich auf Kosten der Bahn. Dies wiederum wird die CO2-Bilanz nicht verbessern.

Lieferverkehr in der Stadt
2018 gibt es dazu in den USA erste Pilotimplementierungen: US-Supermarktkette Kroger testet fahrerloses Lieferfahrzeug. Da wird eine schlankes Fahrzeug genutzt, das nur eine halbe Fahrspur braucht (um z.B. beim Überholen von Radfahrern die Fahrspur nicht wechseln zu müssen) und nur 40 km/h fährt. Implementiert wurde es von ehemaligen Google-Mitarbeitern. Ein Konkurrenzprodukt namens Starship-Roboter soll langsamer fahren und nutzt den Bürgersteig.

Platooning
Und noch eine Variante ist einfacher zu implementieren als volle Autonomie: Platooning. Dabei fährt ein Konvoi von LKWs im dichten Abstand hintereinander, nur im ersten Fahrzeug sitzt ein Mensch. Alle Fahrbefehle des ersten Fahrzeugs werden sofort zu allen Fahrzeugen übertragen. D.h. wenn das erste Fahrzeug bremst, so bremsen sofort alle ohne Verzögerung.

Das hat eine Reihe von Vorteilen für die LKW-Firmen: sie sparen die meisten Fahrer ein und die LKWs verbrauchen wegen des gerineren Luftwiderstands (Windschattenfahren) weniger Sprit. Wie sich das insgesamt auf die Sicherheit auswirken wird, ist noch umstritten (PKWs haben eine längere Strecke beim Überholen). Weil hier die Vernetzung der Fahrzeuge eine Voraussetzung ist könnten mögliche Angriffe gegen die in diesem Fall hochwichtige Kommunikation dramatische Auswirkungen haben, mehr dazu weiter unten.

Juni 2018 fahren erste Testfahrzeuge im Produktivbetrieb in Deutschland auf der A9. Erst mal nur im 2er-Konvoi, wenn es klappt können die auch länger werden.

 

 

 

Versuch einer Schätzung der zeitlichen Reihenfolge

Auf Grund der Überlegungen im vorigen Text kann man eine Abschätzung versuchen, wie schnell sich verschiedene Einsatzmöglichkeiten autonomer Fahrzeuge durchsetzen werden.

Autonome LKWs auf Autobahnen
Finanzieller Anreiz:
Sehr hoch wegen Einsparung der Fahrer und möglichem 24 Stunden-Betrieb

Technologie-komplexität:
vergleichsweise einfach, da wohl definierte Strecken mit begrenzter Komplexität. Herausforderungen (lediglich) Baustellen und schlechtes Wetter wie Nebel und Schnee.

Die Komplexität kann weiter reduziert werden wenn die Infrastruktur geeignet "verbessert" wird, z.B. elektronische Fahrbahnmarkierungen an schwierigen Stellen wie Baustellen, u.ä. An den Kosten dafür beteiligen sich evtl. die großen Frachtunternehmen, die dafür Vorteile bekommen. (PPP - Private Public Partnership, mehr dazu siehe unten)

Der Einsatz "nur auf der Autobahn" lässt sich durch die Nutzung von autonomen Sattelschlepper-Zugwagen leicht kostengünstig implementieren, am letzten Rastpunkt vor dem Ziel wird auf (billigere) konventionelle Zugwagen zurückgewechselt. Siehe Das erste selbstfahrende Auto wird ein Lastkraftwagen.

Weitere Optionen für PPP können sich aus den Anforderungen für Elektrifizierung ergeben. So könnten vielbefahrene Strecken so ausgerüstet werden, dass die Batterien der Fahrzeuge während der Fahrt geladen werden können, z.B. mittels Stromabnehmerbügel, aber auch Induktion ist denkbar. (Versuche zu Stromabnehmern wurden gestartet).
Autonome "Taxis" in begrenzten Gebieten (bzw. andere Sharing-Modelle)
Finanzieller Anreiz:
Sehr hoch wegen Einsparung der Fahrer und möglichem 24 Stunden-Betrieb

Technologie-komplexität:
Deutlich komplexer als Autobahn, kann aber auf wohl definierte Strecken begrenzt werden für die gute digitale Karten vorliegen (Innenstadtbereiche - Zubringerdienste von U-Bahnstationen in ausgewählte Stadtviertel - last mile traffic). Außerdem ist evt. möglich, bei schlechtem Wetter wie Nebel und Schnee keinen Service anzubieten.

Möglichkeiten für PPP durch Ausstattung der (ausgewählten) Innenstadtbereiche mit vernetzter Infrastruktur. Als Gegenleistung bekäme der kommerzielle Partner dann evt. (nur) die Daten der Nutzer, evt. aber auch privilegierten Verkehrsfluss und andere Vorteile.
Autonome Busse auf bestimmten Strecken
Finanzieller Anreiz:
Hoch wegen Einsparung der Fahrer und möglichem 24 Stunden-Betrieb

Technologie-komplexität:
Weiter reduziert, weil der Einsatz auf genau definierte Strecken der jeweiligen Linie begrenzt werden kann für die gute digitale Karten vorliegen (Innenstadtbereiche - Zubringerdienste von U-Bahnstationen in ausgewählte Stadtviertel - last mile traffic).

Möglichkeit der Ausstattung der ausgewählten Fahrtstrecken mit vernetzter Infrastruktur. Dann wäre auch privilegierter Verkehrsfluss leicht möglich.

Im Bereich Schienenverkehr sind autonome Fahrzeuge bereits seit Jahren in Einsatz, z.B. in Singapur und viele Zubringer auf Flughäfen. Der Zugverkehr ist hingegen überall dort sehr komplex, wo Fernzüge, S-Bahnen und Güterzüge auf der gleichen 2-spurigen Strecke verkehren.
Autonome PKWs überall - Level 5 Autonomie
Finanzieller Anreiz:
Nahe Null, denn die Fahrzeuge werden auf Grund der zusätzlich notwendigen Komponenten immer teurer bleiben als nicht-autonome Fahrzeuge und nur wenige Menschen (z.B. Tesla-Kunden) sind bereit, dafür extra zu zahlen

Technologie-komplexität:
Sehr hoch, da die Nutzung in allen Umgebungen und unter allen Umständen möglich sein muss. Teilautonomie unter gewissen Umständen (Assistenz-Systeme) werden sich bei teureren Modellen langsam durchsetzen.

Die großen Vorteile, z.B. in Richtung Verkehrssicherheit, werden aber wohl erst eintreten wenn ALLE Fahrzeuge autonom sind (und ein Weg gefunden werden kann, die Qualität der Implementierungen zu zertifizieren) - dies wird ohne zusätzliche Regulierungen sehr schwierig (bis unmöglich) erreichbar sein (mehr dazu weiter unten).

 

 

Nach oben

 

Vernetzung der Fahrzeuge, der Verkehrsinfrastruktur und IT-Sicherheit (V2V, V2I und V2X)

Oft wird die Vernetzung der Fahrzeuge untereinander (abgekürzt V2V) und mit der Straßeninfrastruktur, z.B. mit Ampeln (abgekürzt V2I) implizit bei der Diskussion der autonomen Fahrzeuge vorausgesetzt. Der Umbau auch nur der städtischen Infrastruktur wäre eine gigantische Investition und daher ist die Industrie natürlich hoch-interessiert an diesem Thema. Und natürlich würden sich sehr starke Synergieeffekte mit den autonomen Fahrzeugen ergeben, denn wenn die Ampeln z.B. drahtlos melden, dass sie in 10 Sekunden auf rot schalten werden, so hilft das bei der Steuerung der autonomen (oder teil-autonomen) Fahrzeuge natürlich sehr. Auch wenn jedes Fahrzeug ein Bremsmanöver oder einen Spurwechsel allen anderen Verkehrsteilnehmern signalisieren würde, so wäre das sicher hilfreich und würde die Zahl der Unfälle senken. Welche hohen Anforderungen dies jedoch an die Prozessoren stellt, das erklärt der Artikel Technik-Hintergrund Vehicle-to-X (V2X).

 

Tolle Möglichkeiten tun sich bei vernetzter intelligenter Infrastruktur auf

Hier einige Beispiele, was da alles möglich sein könnte und derzeit (2018) erforscht wird. Z.B. hier gleich eine der "wildesten" Ideen: Siemens will Fahrradfahrern per App eine grüne Welle verschaffen. Der Artikel verlinkt auf eine Studie von Siemens. Der Radfahrer müsste nur eine App dabei haben, die sind Ankunft rechtzeitig signalisiert und entweder das Grün verlängert oder rechtzeitig auf Grün umschaltet. Tolle Idee!

Natürlich wäre das technisch in naher Zukunft möglich, aber welcher Autofahrerclub wird seine Lobbyisten hinter diese Idee stellen? Andere Wissenschaftler haben schnell ausgerechnet, dass wenn alle 30 Sekunden ein Radfahrer bei einer Krezung angekommt, eine solche Regelung den Querverkehr kaum noch durchlassen würde. Der Autor des Artikels hat alle diese Ideen zu "Grünen Wellen" zusammengefasst mit: Das Grün des einen ist das Rot des anderen.

Wenn wir schon nicht den Radfahrern helfen können/wollen, dann doch den Fußgängern, z.B. den gebrechlichen oder Schulklassen die gemeinsam unterwegs sind: Ampel-App hilft Fußgängern. Der Artikel berichtet, dass solche System 2018 in einigen deutschen Städten bereits getestet werden. Die Fußgänger brauchen natürlich die App CrossWalk (ohne Apps wird mal im Verkehr gar nichts mehr gehen :-( ) und ältere Menschen, Gehbehinderte oder Personen mit anderen Einschränkungen schalten entweder automatisch oder über geeignete Button eine längere Grünphase.

Andere Forscher denken gleich noch viel weiter, sie wollen die Ampeln gleich ganz abschaffen - Ampeln sind so was von 20. Jahrhundert. Autonomer Verkehr: Kommunikation vernetzter Autos ersetzt Ampeln. Forscher in den USA, wo mit dem Konzept des 4-way stop bereits eine "verhandelbare Vorfahrt" existiert, haben 2018 studiert, ob Autos die Vorfahrt nicht auch einfach untereinander ausmachen können. Antwort: Ja, das geht natürlich - damit sind Ampeln für Autos überflüssig geworden. Kleine Probleme sind, dass das alles ja erst funktionieren kann, wenn wir mal 100% autonom fahren und dann bleiben wieder die Radfahrer und die Fußgänger übrig, da nur über Zwangssmartphones für alle zu integrieren sind. Die Politik ignoriert die Herausforderungen und propagiert die schnelle Mobilitätsrevolution. Jeder Politiker braucht Teststrecken in seinem Bundesland.

Deutlich realistischer ist da schon das Konzept in Hamburg: Grüne Welle: Hamburg will digitale Ampelhelfer einführen. Diese grüne Welle soll nicht zu Lasten der anderen Verkehrsteilnehmer gehen sondern über ein Display im Fahrzeug der Lenkerin anzeigen, bei welcher Geschwindigkeit sie eine grüne Welle haben würde. Das klingt sehr sinnvoll, funktioniert aber (erst mal) nur für Autos die entsprechende Anzeigen einbauen.

 

Viele ungelöste technische Probleme bei der sicheren Vernetzung

Ein vollkommen ungelöstes Problem das derzeit auch nicht intensiv diskuktiert wird ist dabei die IT-Sicherheit der Vernetzung. Viele Theoretiker gehen von der simplen Annahme aus, dass es in diesem Netz keine "bösen" Teilnehmer geben wird. Jedes Auto kann dann jedem anderen Fahrzeug vertrauen und die Ampeln und Verkehrsschilder lügen sowieso nicht. Diese Annahme ist jedoch extrem blauäugig. In rechten Kasten etwas weiter oben und auf meiner anderen Website zeige ich an Hand von vielen Beispielen, wie leicht es (zumindestens derzeit) ist, Fahrzeuge und Verkehrsintrastruktur zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer zu übernehmen. Eine selbstgebastelte grüne Welle die mit dem eigenen Fahrzeug mitläuft, das wäre doch recht praktisch (und würde für Einsatzfahrzeuge bestimmt als erstes implementiert).

Rein theoretisch ist das Problem des "Trusts zwischen IT-Komponenten" seit vielen Jahrzehnten gelöst, nämlich durch digitale Zertifikate. In der Praxis ist dies jedoch ein weitgehend ungelöstes Problem, wie ständige Konflikte um die Zertifikate von Websites immer wieder aufzeigen. Die derzeitige Implementierung von Software (Firmware) in modernen Fahrzeugen basiert darauf, dass in den meisten Fällen sogar der Halter in der Lage ist, Änderungen (Patches) in sein Fahrzeug einzuspielen. Oft werden diese Änderungen auf öffentlichen Websites angeboten, können per USB-Stick in das Fahrzeug gebracht werden und Aktualisieren dann die Fahrzeug-Software. Tesla bringt durch Software-Aktualisierungen sogar neues Verhalten in die Fahrzeuge. Und derzeit hindert niemand den Besitzer daran, "Verbesserungen" an der Firmware durchzuführen. So rechne ich damit, dass in dem Augenblick wo Fahrzeuge beginnen, ganz konsequent auf die Einhaltung der Verkehrsregeln zu drängen (z.B. der Geschwindigkeitsbeschränkungen), ein neuer Markt für Auto-Tuner entstehen wird, die solche Beschränkungen wieder ausbauen - mehr dazu weiter oben.

Wenn die Software in Fahrzeugen und Ampeln so leicht manipuliert werden kann, wieso sollen in Zukunft die Fahrzeuge den Signalen die sie auf der Straße empfangen vertrauen dürfen? Und wenn wir das Problem der Website-Authentifizierung in den Jahrzehnten sein 1995 nicht gelöst haben, warum glauben wir, dass dies im Straßenverkehr, bei dem es um den Verlust von Leib und Leben geht, einfacher sein. Die Möglichkeit von Mord über das Hacken von Fahrzeugen wird in Krimis schon lange geschrieben.

 

 

Nach oben

 

Zur möglichen Privatisierung unserer Verkehrsinfrastruktur

Weiter oben habe ich beschrieben, dass der Weg zu autonomen Fahrzeugen immens große Investitionen erfordert, die aber (siehe oben) derzeit hauptsächlich von privaten Unternehmen getragen werden. Aber der Staat kann/könnte den Weg dorthin auch deutlich vereinfachen. Da sind einmal die großzügigen Testbedingungen für Testen auf öffentlichen Straßen, um die sich die Regierungen auf allen Ebenen geradezu reißen.

Aber die öffentlichen Stellen können/könnten mit Hilfe großer Investitionen den Weg zu autonomen und/oder elektrischen Fahrzeugen noch weiter vereinfachen. Da wären z.B. der Einbau einer intelligenten Infrastruktur (z.B. Schilder und Ampeln die ihre "Botschaften" elektronisch verkünden, elektronische Fahrbahnmarkierungen.

Eine weitere kostspielige, aber durchaus diskutierenswerte Investition ist die Elektrifizierung der Autobahnen für LKWs. Hier einige Artikel ausw 2018 die die heftigen Aktivitäten belegen: Elektromobilität - Der Lkw wird zur Straßenbahn), Daimler beteiligt sich an Pilotprojekt mit Oberleitungen für Lkw, Kia testet drahtloses Ladesystem für Elektroautos, Chinas smarte Solar-Autobahn soll fahrende Elektroautos aufladen und Schweden eröffnet erste öffentliche Strecke mit Stromschiene - Testauto holt sich Strom aus dem Boden. Problem kann dabei sein, dass dies auf Kosten des Ausbaus des Bahngüterverkehrs gehen wird, denn der Staat wird nicht 2x investieren wollen. Und die Autoindustrie drängt auf die Elektrifizierung der Straßen und hat wohl in D und Ö mehr Beschäftigte als die Bahn.

Solche gigantischen Investitionen wären sehr hilfreich für die Industrieunternehmen im Bereich Taxis und LKW-Transporte. Doiese wollen möglichst schnell ihre Investitionen zurückholen. Und das klappt, wenn sie mittels Autonomie ihre Betriebskosten drastisch senken können (wie ich das unter "Versuch einer Schätzung" ausführlicher beschreibe). Zufällig sind da ein paar Unternehmen dabei, die über sehr große Finanzreserven verfügen (siehe mein Text zu den größten Firmen der Welt). Und einige dieser Firmen sind bereits sehr stark im Bereich "Smart Cities" aktiv und bieten Städten sehr kostengünstige Hilfen bei ihrer Digitalisierung an. An der verlinkten Stelle berichte ich über die Implementierung von kostenlosem WLAN (unter der Bedingung der Datennutzung), aber auch die Entwicklung und Implementierung neuer Stadtkonzepte durch die großen Silicon Valley Unternehmen.

Es wäre sehr im Interesse der Firmen die in autonome Fahrzeuge entwickeln, wenn ausgewählte Teile der Infrastruktur, z.B. die LKW-Spuren auf den Autobahnabschnitten auf denen die autonomen Sattelschlepper fahren sollen, intelligent vernetzt würden. Gleichzeitig schreien große Teile der Politik nach dem "schlanken Staat". Das verträgt sich nur dann, wenn der Staat diese Infrastrukturkosten nicht selbst übernehmen muss. Das Stichwort hier ist PPP - Privat Public Partnership (die Wikipedia listet eine ganze Reihe von Modellen auf, wie so was implementiert werden kann). Aber natürlich wollen die privaten Partner für ihre Investitionen etwas zurück haben.

Als Beispiel dafür, wie PPPs schief gehen können wird die Autobahnmaut in Deutschland angeführt: Kollateralschaden für die Demokratie - das Maut-Konsortium Toll Collect und die Public-Private-Partnerships. Wenn komplexe Technologie zu implementieren sind, so sind die strikten Vorgaben die in den Verträgen zu solchen Giganto-Projekten notwendig sind (hier ein 17.000-Seiten-Vertrag zwischen Konsortium und Staat), oft Grundlage für jahrelange Rechtssstreitigkeiten mit sehr hohen Kosten auch für die Steuerzahler. Der Artikel zeigt noch andere Probleme auf.

Das Minimum, das Google und die anderen Internetgiganten verlangen sind üblicherweise die Daten die bei der Nutzung entstehen. Im Falle der Autobahnen wären das die Bewegungsdaten aller Bürger, die diesen Abschnitt nutzen. Der vorher verlinkte Wikipedia-Artikel listet eine Reihe von Risiken und Kritikpunkte an PPP auf. Trotzdem ist die Versuchung, solche "günstigen" Hilfen anzunehmen, sehr groß. Der Artikel Will Robocars Kick Humans Off City Streets? aus 2016 denkt diese Modelle über die Autobahnen hinaus weiter. Denn Uber und andere Unternehmen die an autonomen Taxis, bzw. Car-Sharing Modellen arbeiten sind natürlich mehr an den Städten als an Autobahnen interessiert.

Wenn Google ausgewählte Straßen einer Stadt umgestaltet und intelligent macht, so wird es sich vermutlich nicht mit den Daten begnügen. Da können leicht auch noch andere Wünsche entstehen, z.B. Bevorzugung ihrer Fahrzeuge bei der Ampelschaltung. (In Norwegen ist 2014 durch die Freigabe der Busspuren für Elektroautos ein Boom der Fahrzeuge entstanden, mit dem Ergebnis, dass die Busspuren ihren Sinn verloren haben - wieder ein Beispiel, wie die Förderung neuer Technologien zu einer Schädigung des öffentlichen Personenverkehrs führen können).

In den USA hat die Kleinstadt Altamonte Springs bereits 2016 ihren öffentlichen Personennahverkehr komplett Uber überlassen. Es ist auch durchaus denkbar, dass nach der Umrüstung der Straßen einer Stadt die Nutzung durch die Bürger mehr erfordert als "nur" deren Daten. Gebühren für die Nutzung von Infrastruktur wie Tunneln oder Brücken oder privat finanzierten Straßenabschnitten kennen wir auch in Europa. Dies können die Technologieunternehmen sehr bequem mittels Micro-Payments abwickeln. Dann wäre evt. nicht mal mehr der Weg von A nach B innerhalb einer Stadt ohne Zahlung und ohne getrackt werden möglich, egal ob zu Fuß oder im Fahrzeug (evt. schaltet die Fußgängerampel erst auf Grün wenn das Smartphone des Fußgängers eine Verbindung mit der Ampel aufgenommen hat). Oder Google Maps zeigt bestimmte Straßen nur noch dann an, wenn der Benutzer des Smartphones eine Gebühr gezahlt hat oder zumindest seinen Standort frei gibt.

Ein weiterer Artikel aus 2018 referenziert die Ankündigung von Waymo/Google, dass sie bereits 20000 elektrische autonome Fahrzeuge bestellt haben, die Ende 2018 in Betrieb gehen sollen und 2020 in den USA täglich 1 Mio Taxi-Fahrten absolvieren sollen. Der Autor hält dies für einen markanten, aber nicht abgestimmten Eingriff in die Stadtplanung - siehe die Staus, die Uber-Taxis bereits jetzt in den USA auslösen.

 

 

Nach oben

 

Effekte höherer Ordnung - wo könnte das hinführen

Unter "Effekten höherer Ordnung" verstehe ich Effekte, d.h. Ergebnisse von Entwicklungen, die keine direkte Folge der Entwicklung sind, sondern weitere Folgeeffekte. So rechnen die meisten Experten damit, dass autonome Fahrzeuge das Parkplatzproblem in den Innenstädten lösen könnten, indem sie entweder einfach im Kreis fahren bis der Mensch seine Erledigung abgeschlossen hat oder wieder zurück an den Stadtrand, wo es große Parkplätze für autonome Fahrzeuge geben könnte, deren Besitzer kurz vor Arbeitsschluss diese wieder zurückrufen. Die Reduktion der Innenstadtparkplätze wäre ein Effekt erster Ordnung, als Ergebnis zweiter Ordnung könnten an deren Stelle dort jetzt neue Geschäfte entstehen, andererseits könnte aber auch dadurch eine Verdopplung des Verkehrs in den Innenstädten entstehen und riesige Parkplatzwüsten am Stadtrand. Außerdem wird dann das "Pendeln" (vielleicht?) zum Arbeitsplatz angenehmer und die Speckgürtel um die Großstädte dehnen sich als Effekt höherer Ordnung immer weiter aus, Folge ist ein weiteres Anwachsen des Verkehrs.

Niemand weiß, wie die Gesellschaft auf neue Möglichkeiten reagieren wird. Vieles hängt auch von den Entscheidungen der Politiker ab. So wird oft angenommen, dass autonom mit elektrisch einhergehen wird. Aber in Deutschland zeigt sich 2018 rein praktisch, welch schwierige Materie das Ausrüsten von Mehrfamilienhäusern mit Ladestationen ist. Die Politik traut sich an das Thema nicht heran.

Wie rudimentär unser derzeitiges Verständnis der sich ergebenden Entwicklungen ist zeigt sehr gut der Artikel Cars and second order consequences (eine deutsche Zusammenfassung findet sich auf heise Technology Review als Revolution nach der Elektroauto-Revolution).

2 sehr interessante (und eine wenig erschreckende) Dokumente veröffentlicht das US Magazin Atlantic. Sie stellen sich vor, was passieren würde, wenn die Silicon Valley Konzerne ihre üblichen Geschäftsmodelle auch über den Straßenverkehr stülpen. Uber im Taxibereich und AirBNB bei Vermietunen zeigen, wie viel "Disruption" in auch außerhalb der Internetbereiche möglich ist. In einem anderem Artikel zeige ich die Aktivitäten der Internetkonzerne im Bereich Smart City. Hier die Atlantic Artikel (die ich in Zukunft noch detailliert beschreiben werde): Will Robocars Kick Humans Off City Streets? (über eine mögiche Übernahme unserer Straßen durch Silicon Valley, analog zu solchen Aktivitäten im Bereich Smart City), Waymo Makes Most Important Self-Driving Car Announcement Yet (über den konkreten Plan, 2020 20000 autonome Google-Taxis auf den US-Straßen zu haben).

Weiter oben hatte ich bereits einige Studien mit Effekten 2. Ordnung verlinkt: es geht dabei um den Einfluss von billigen Taxiangeboten auf den öffentlichen Personenverkehr.

Ein weiteres wichtiges Dokument ist die englische Studie Social and behavioural questions associated with automated vehicles. Diese Studie gibt keine Antworten, sondern listet auf 91 Seiten die Fragen auf, die in diesem Zusammenhang geklärt werden sollten bevor wir weiter in diese Technologie hineinstolpern. Dabei werden vor allem die Themen Autonomie und Vernetzung behandelt. Eine Literaturliste von 124 Seiten steht zusätzlich zur Verfügung.

Ein (schlechtes) Beispiel für Studien die auf der Stufe der Effekte erster Ordnung bleiben ist diese Dissertation: Transitioning to a Connected and Automated Vehicle Environment: Opportunities for Improving Transportation. Der Autor untersucht z.B. so Fragen wie "ab welcher Entfernung eines billigen Parkplatzes vom Ziel des Fahrers rechnet es sich, das autonome Fahrzeug dorthin zu schicken statt vor Ort im teureren Parkhaus zu parken?". Dabei betrachtet er dies als rein wirtschaftliche Optimierungsaufgabe und ignoriert z.B. den zusätzlich erzeugten Straßenverkehr, den dadurch entstehenden Stau und die Auswirkungen auf den CO2-Ausstoß durch diese zusätzliche Fahrzeuglawine in den Städten. Ebenfalls ignoriert werden die Auswirkungen solcher Möglichkeiten auf den öffentlichen Verkehr.

In einem heise.de Artikel bereits aus 2015 Die sieben Hürden zum selbstfahrenden Auto finden sich psychologische, juristische, planerische und technische Herausforderungen zu autonomen Fahrzeugen die heute oft noch ignoriert werden.

 

 

Nach oben

 

Zukünftige Begehrlichkeiten der Politik - Transparente Fahrer und ferngesteuerte Autos

Technisch gibt es keinen Grund, warum autonome Fahrzeuge im Internet präsent sein müssen. Selbst für eine Vernetzung mit der Infrastruktur wie weiter oben beschrieben könnte ein lokales Netz genutzt werden, so wie das in Firmen selbstverständlich ist. Firmen haben ein internes Netz, das auf den gleichen Technolgien und Geräten beruht wie das Internet auch (aus guten Kostengründen), das aber nur einige wenige Schnittstellen mit dem "richtigen" Internet hat, z.B. Firewalls und Proxys. D.h. Datenströme können sauber in "intern" und "extern" getrennt werden. Das sollte für die Vernetzung der Fahrzeuge eigentlich auch selbstverständlich sein. Der Datenfluss zwischen den Fahrzeugen und den Fahrzeugen und Verkehrsschildern und Ampeln braucht nicht ins Internet.

Aber es gibt gewichtige Interessenten daran, dass die Daten die beim Autoverkehr, sowohl in der Infrastruktur wie auch in jedem Fahrzeug anfallen, mehr oder weniger öffentlich zur Verfügung stehen. Das sind z.B. die Autohersteller und die Versicherung die transparenten Autos und Fahrer wünschen. Immer wieder hören wir 'Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts'. Mir ist die Logik zwar nicht ganz klar, aber durch das ständige Wiederholen scheint der Satz irgendwann zum Allgemeingut zu werden und muss dann als Begründung für ganz vieles herhalten, z.B. Aufweichen des Datenschutzes, der e-Commerce-Richtlinie, etc. Und dann wird irgendwann auch die Sicherheitspolitik Begehrlichkeiten entdecken.

Für die Durchsetzung dieser Begehrlichkeiten braucht es nur irgendeinen großen Anschlag als Vorwand. Wenn erst mal die technische Möglichkeit besteht, sich auf einer großen Karte den Standort jedes Fahrzeugs anzeigen zu lassen, so wird schnell hergeleitet werden, dass ohne diese Möglichkeit das Land sicher nicht vor Terrorismus geschützt werden kann. Und wenn der Zugriffe auf alle Standortdaten mal durchgesetzt ist, so steht einem Abhören der Gespräche im Fahrzeug technisch auch nichts mehr im Weg.

Aber die eigentliche (Schein-)Lösung für das Terrorismusproblem wird sein, die Fahrzeuge auch noch "fernsteuern" zu können. Z.B. dafür zu sorgen, dass ein Fahrzeug oder alle Fahrzeuge in einem bestimmten Bereich rechts ran fahren, den Motor abstellen und nicht mehr zu starten können. Das heißt, wir würden in Fahrzeugen unterwegs sein, die von den Behörden jederzeit übernommen werden können. Der Innenminister wird dann sagen "wenn das E-Werk den Strom im intelligenten Zähler abschalten kann, warum sollte ich dann nicht ein Fahrzeug still legen können?"

Diese Funktion wäre nur eine Freigabe der bereits seit einigen Jahren verfügbaren Lokalisierungsdienste wie sie von Mietwagenfirmen oder bei Firmenflotten eingesetzt werden (ob und unter welchen Umständen das in Europa erlaubt ist, das ist eine andere Frage). Für Autos, die daran teilnehmen, kann jederzeit der Standort festgestellt werden. (die Lokalisierung des Standortes entweder über GPS oder über die Ortung des Handys in der Funkzelle). Die Dienste, die dabei angeboten werden, sind unterschiedlich. Im einfachsten Fall kann der Besitzer des Autos im Falle eines Diebstahls bei einer Servicestelle anrufen und dann wird die Polizei über den Standort des Fahrzeugs informiert. In vielen Fällen kann auch der Motor angehalten werden. Oft ist es auch möglich, dass der Besitzer des Wagens über eine Website den Standort und die Fahrtroute verfolgen kann, z.B. wenn der Ehepartner mit dem Auto unterwegs ist. In den USA können über so einen Service auch die Gespräche im Fahrzeug mitgehört werden (ein Beispiel für einen Überwachungsservice siehe Bild links). Da ist z.B. die automatische Kontrolle der Geschwindigkeit und ein SMS an die Eltern beim schnellen Fahren mit integriert. Alle diese Dienste klingen toll wenn sie für den Diebstahlschutz eingesetzt werden, weniger gut, wenn es zur privaten oder staatlichen Kontrolle führt. Und wenn die Daten mal gesammelt sind, entstehen auch schnell Begehrlichkeiten für eine Verwendung vor Gericht, entweder durch die Polizei oder im Scheidungsverfahren.

An anderer Stelle mehr zur Abschaffung des anonmyen Reisens, nicht nur im PKW.